**Part-IS: Eine Herausforderung mit unklaren Auswirkungen**

Die Luftfahrtbranche steht mit der Implementierung des Part-IS (Information Security) vor einer neuen regulatorischen Entwicklung. Die EASA verfolgt damit das Ziel, die Cybersicherheit von Luftfahrzeugen, Betriebssystemen und Organisationen nachhaltig zu verbessern. Doch aktuell gibt es nur wenige, die die tatsächlichen Auswirkungen dieses neuen Regelwerks vollumfänglich verstehen oder Betriebe gezielt bei der Umsetzung unterstützen können.

### **Regulierung trifft Realität**
Part-IS ist Teil der zunehmenden Fokussierung der EASA auf Sicherheitsaspekte, die über die klassische Flugsicherheit hinausgehen. Das Ziel ist zweifellos sinnvoll: In einer Welt, in der Flugzeuge zunehmend digitalisiert und vernetzt sind, steigt auch die Notwendigkeit, Cybersicherheit als integralen Bestandteil des Luftfahrtbetriebs zu etablieren.

Die Anforderungen von Part-IS sind umfassend und betreffen nahezu alle Bereiche des Luftfahrtbetriebs. Betreiber müssen bestehende Sicherheitsmanagementsysteme anpassen, detaillierte Risikobewertungen durchführen und neue Prozesse zur kontinuierlichen Überwachung der Cybersicherheit implementieren. Dies führt zu einem erheblichen administrativen Mehraufwand und stellt Unternehmen aller Größen vor neue Herausforderungen.

Doch wie genau gestaltet sich dieser Aufwand? Neben der zwingenden Einführung eines Information Security Management Systems (ISMS) müssen Unternehmen auch regelmäßige Audits, umfassende Cyber-Risikobewertungen und Incident-Response-Pläne in ihre Betriebsstrukturen integrieren. Hierbei ist es notwendig, Bedrohungsszenarien zu identifizieren, Sicherheitslücken zu analysieren und proaktive Schutzmaßnahmen zu definieren. Dies bedeutet, dass Luftfahrtunternehmen nicht nur technisches Know-how aufbauen, sondern auch eine grundlegende Neuausrichtung ihrer internen Organisationsstrukturen vornehmen müssen.

Ein zentrales Element dieser Anforderungen ist die Schaffung eines unternehmensweiten Sicherheitsbewusstseins. Das bedeutet nicht nur, dass IT-Experten involviert sein müssen, sondern dass auch Piloten, Wartungspersonal und administrative Mitarbeiter geschult werden, um Sicherheitsprotokolle einhalten zu können. Cybersecurity in der Luftfahrt ist kein isoliertes Thema, sondern ein integraler Bestandteil des gesamten Betriebs.

Darüber hinaus müssen Unternehmen sicherstellen, dass alle digitalen Schnittstellen – von der Flugplanung über die Wartungssysteme bis hin zur Kommunikation mit Fluglotsen – den neuen Sicherheitsstandards entsprechen. Dies bedeutet, dass sämtliche Systeme auf ihre Sicherheit überprüft und gegebenenfalls angepasst oder ersetzt werden müssen. Die Herausforderung liegt dabei insbesondere in der Modernisierung älterer IT- und Avioniksysteme, die nicht von Grund auf für Cybersicherheit konzipiert wurden.

Zudem steigt die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern. Viele Luftfahrtunternehmen sind auf Drittanbieter angewiesen, die Wartungsarbeiten, Softwareentwicklungen oder Flugdatenauswertungen übernehmen. Hier müssen neue Vertragsstrukturen geschaffen werden, die sicherstellen, dass auch externe Partner den strengen Sicherheitsvorgaben gerecht werden. Dies erfordert intensive Koordination, abgestimmte Sicherheitsstrategien und eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten.

Schließlich müssen Unternehmen Notfallpläne für den Fall eines Cyberangriffs entwickeln. Diese umfassen nicht nur die technischen Maßnahmen zur Abwehr und Schadensbegrenzung, sondern auch Kommunikationsstrategien für den Ernstfall, damit alle beteiligten Akteure – vom Bodenpersonal bis zur Flugsicherung – koordiniert reagieren können. Die Fähigkeit, Cyberangriffe frühzeitig zu erkennen und schnell darauf zu reagieren, wird zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor in der Luftfahrtindustrie.

Ein weiterer bedeutender Faktor ist die Art der Bedrohungen, denen sich Luftfahrtunternehmen gegenübersehen. Cybersecurity in der Luftfahrt erstreckt sich nicht nur auf klassische IT-Systeme wie Server, Netzwerke und Software, sondern betrifft die gesamte digitale Infrastruktur des Luftfahrtbetriebs. Dazu gehören Kommunikationsnetzwerke, die Datenübertragung zwischen Bodenstationen und Flugzeugen, Bordelektronik, Avioniksysteme, digitale Wartungsprotokolle und sogar Passagierinformationssysteme. Jede dieser Komponenten stellt eine potenzielle Schwachstelle dar, die durch gezielte Angriffe oder unzureichende Sicherheitsmaßnahmen gefährdet werden kann.

Ein erfolgreiches Informationssicherheitsmanagement bedeutet daher, dass Unternehmen nicht nur IT-Experten einbinden müssen, sondern auch Ingenieure, Wartungstechniker, operative Führungskräfte und Flugpersonal, die alle auf unterschiedliche Weise zur Sicherheit beitragen. Beispielsweise müssen Flugzeugtechniker geschult werden, um verdächtige Anomalien in den Avioniksystemen frühzeitig zu erkennen, während Piloten im Umgang mit potenziellen Cyberangriffen auf Flugkontrollsysteme trainiert werden sollten.

Darüber hinaus steigt die Bedrohung durch sogenannte Supply-Chain-Angriffe, bei denen Schwachstellen in den Zulieferern oder Dienstleistern ausgenutzt werden, um schädlichen Code oder manipulierte Hardware in Luftfahrzeuge einzuschleusen. Dies erfordert eine strengere Kontrolle und Zertifizierung aller externen Partner, um sicherzustellen, dass ihre IT-Sicherheitsstandards mit den Vorgaben von Part-IS übereinstimmen. Hierbei ist eine engere Zusammenarbeit mit Herstellern und Lieferanten notwendig, um ein ganzheitliches Sicherheitsnetz zu etablieren, das sich über den gesamten Lebenszyklus eines Luftfahrzeugs erstreckt.

Ein weiteres kritisches Thema ist die Reaktionsfähigkeit auf Cyberbedrohungen. Während viele Organisationen über klassische Notfallpläne verfügen, sind spezifische Cyber-Response-Strategien oft unzureichend oder nicht ausreichend getestet. Daher sollten Luftfahrtunternehmen regelmäßig simulationsgestützte Sicherheitsübungen durchführen, bei denen verschiedene Cyberangriffsszenarien durchgespielt werden, um Schwachstellen in den Abläufen frühzeitig zu identifizieren und die Koordination zwischen IT-Sicherheitsteams, Flugbetriebsleitung und Bodenpersonal zu verbessern. Eine proaktive Herangehensweise kann hier den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Angriff und einer abgewehrten Bedrohung ausmachen.

Zusammenfassend erfordert die Umsetzung von Part-IS eine tiefgreifende Integration von Cybersicherheitsmaßnahmen in alle Betriebsbereiche der Luftfahrt. Neben der technischen Absicherung muss insbesondere das Bewusstsein für Bedrohungen und die Fähigkeit zur schnellen Reaktion auf Cybervorfälle in allen Bereichen des Unternehmens verankert werden. Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Akteure der Luftfahrtindustrie einbindet, kann eine nachhaltige Sicherheitsstrategie geschaffen werden.

### **Eine noch junge Praxis**
Die Umsetzung von Part-IS ist nicht nur eine regulatorische Vorgabe, sondern auch eine Chance, Cybersicherheit nachhaltig in den Betriebsalltag zu integrieren. Derzeit gibt es jedoch nur wenig etablierte Best Practices, und Unternehmen müssen oft eigene Wege finden, um den neuen Vorgaben gerecht zu werden. Während größere Organisationen über die Ressourcen verfügen, um entsprechende Strukturen aufzubauen, kann dies für kleinere Betriebe eine deutlich größere Herausforderung sein.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich intensiv mit neuen Konzepten wie Sicherheitsarchitektur, Zero-Trust-Prinzipien und der Sicherung der digitalen Lieferkette auseinandersetzen müssen. Besonders kritisch ist die Tatsache, dass viele Unternehmen noch keine ausreichenden internen Kompetenzen für Cybersecurity besitzen und sich daher auf externe Beratung verlassen müssen. Dies führt in vielen Fällen zu erheblichen Investitionen in Schulungen und Fortbildungen für das eigene Personal, da externe Dienstleister allein oft nicht ausreichen, um ein unternehmensweites Sicherheitsbewusstsein zu schaffen.

Ein weiteres Problem ist die Standardisierung der Maßnahmen. Während einige große Luftfahrtunternehmen bereits eigene Sicherheitsprozesse entwickelt haben, fehlt es an einheitlichen Leitlinien für die Praxis. Dies führt dazu, dass sich Unternehmen mit unterschiedlichen Interpretationen der Vorgaben konfrontiert sehen, was die Implementierung erschwert. In diesem Zusammenhang wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Regulierungsbehörden wünschenswert, um klare und anwendbare Standards zu etablieren.

### **Auf dem Weg zur etablierten Umsetzung**
Die zentrale Herausforderung ist derzeit nicht die Existenz der neuen Vorgaben, sondern deren praktische Umsetzung. Während viele Unternehmen grundsätzlich bereit sind, Part-IS zu implementieren, fehlen oft die notwendigen Ressourcen und das Fachwissen, um eine reibungslose Integration sicherzustellen. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen haben Schwierigkeiten, die Anforderungen vollständig zu erfüllen, da spezialisierte Cybersecurity-Fachkräfte in der Luftfahrtbranche rar sind und auf dem Arbeitsmarkt eine hohe Nachfrage besteht.

Ein weiteres Problem ist die Heterogenität der Luftfahrtindustrie: Betreiber von Passagierflugzeugen, Frachtflugzeuge und Geschäftsflugzeugen haben jeweils unterschiedliche betriebliche Strukturen und IT-Infrastrukturen. Dies bedeutet, dass Part-IS nicht als universelle Blaupause implementiert werden kann, sondern an die individuellen Anforderungen jedes Betriebs angepasst werden muss. Dies erfordert nicht nur detaillierte Risikoanalysen, sondern auch maßgeschneiderte Implementierungsstrategien, die bislang nur von wenigen Fachleuten entwickelt wurden.

Neben der personellen Herausforderung kommt eine technologische Dimension hinzu. Viele Luftfahrtunternehmen nutzen legacy IT-Systeme, die nicht von Grund auf für Cybersicherheit ausgelegt sind. Diese Systeme sicherheitskonform zu modernisieren oder in eine neue Architektur zu überführen, erfordert erhebliche Investitionen. Zudem sind viele Unternehmen darauf angewiesen, dass Flugzeughersteller, Zulieferer und Wartungsdienstleister ihre eigenen Cybersicherheitsmaßnahmen verstärken, um eine ganzheitliche Sicherheitsstrategie zu ermöglichen.

Ein entscheidender Aspekt ist die Standardisierung und Vereinfachung von Prozessen. Bislang fehlt eine zentrale Plattform, auf der bewährte Methoden, technische Leitlinien und standardisierte Prozesse für Part-IS gebündelt werden. Dies führt dazu, dass Unternehmen ihre eigenen Lösungen entwickeln müssen, was die Effizienz und Vergleichbarkeit erheblich erschwert. Die Zusammenarbeit zwischen Industrie, Regulierungsbehörden und Forschungseinrichtungen könnte hier Abhilfe schaffen, indem sie praxisnahe Handlungsanweisungen und gemeinsame Cybersecurity-Richtlinien etablieren.

In den kommenden Jahren wird sich zeigen, welche Lösungen und Strategien sich in der Praxis bewähren und wie Betriebe in unterschiedlichen Größenklassen Part-IS erfolgreich in ihre Abläufe integrieren können. Entscheidend wird sein, ob sich eine nachhaltige Unterstützungskultur etabliert, in der Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern echte Verbesserungen in ihrer Cybersicherheitsarchitektur erzielen können. Erst wenn Cybersicherheit als kontinuierlicher Prozess und nicht als einmalige Compliance-Maßnahme verstanden wird, kann Part-IS langfristig erfolgreich sein.

Eine mögliche Lösung für dieses Problem wäre die Entwicklung von branchenspezifischen Unterstützungsangeboten, die sich gezielt an Luftfahrtunternehmen unterschiedlicher Größenordnung richten. Während Großunternehmen meist in der Lage sind, eigene Cybersicherheitsteams aufzubauen, benötigen kleinere Betriebe pragmatische und skalierbare Lösungen. Hier könnten regulatorische Initiativen helfen, indem sie praxisnahe Schulungsprogramme fördern und den Austausch bewährter Verfahren innerhalb der Branche erleichtern.

Auch die technologischen Aspekte dürfen nicht vernachlässigt werden. Luftfahrtunternehmen müssen künftig stärker in automatisierte Sicherheitssysteme investieren, die in der Lage sind, Bedrohungen in Echtzeit zu erkennen und zu mitigieren. Die Implementierung solcher Systeme ist jedoch komplex und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Betreibern und Regulierungsbehörden.

### **Ein Blick nach vorn**
Anstatt Part-IS als isolierte regulatorische Maßnahme zu betrachten, sollten Unternehmen und Regulierungsbehörden enger zusammenarbeiten, um klare, umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Mit der richtigen Unterstützung kann Part-IS zu einem wertvollen Instrument werden, um Cybersicherheit in der Luftfahrt nachhaltig zu verankern.

Es wird entscheidend sein, Schulungsangebote und praxisorientierte Beratungsdienste auszubauen, um Unternehmen eine zielgerichtete Implementierung zu ermöglichen. Nur durch eine kontinuierliche Wissensvermittlung und die Etablierung klarer Handlungsempfehlungen können Unternehmen auf die neuen Anforderungen effizient reagieren. Dies erfordert auch eine stärkere Vernetzung zwischen Unternehmen, Regulierungsbehörden und Bildungseinrichtungen, um praxisnahe Inhalte zu entwickeln und die Qualifikation von Fachkräften nachhaltig zu verbessern.

Darüber hinaus sollten Unternehmen verstärkt in interne Schulungen investieren, um ihre Mitarbeiter für Cybersicherheitsrisiken zu sensibilisieren und eine Sicherheitskultur zu etablieren. Nur so kann Part-IS sein volles Potenzial entfalten und langfristig zu einem Standard werden, der nicht nur eine Anforderung, sondern eine Selbstverständlichkeit im Luftfahrtbetrieb darstellt. Unternehmen müssen ihre Prozesse und Strukturen dynamisch anpassen, um mit den sich wandelnden Bedrohungen Schritt zu halten und neue Sicherheitsstrategien kontinuierlich zu evaluieren und weiterzuentwickeln.

Die Einführung von Part-IS sollte daher nicht als einmalige Maßnahme verstanden werden, sondern als fortlaufender Prozess, der eine regelmäßige Evaluierung und Anpassung der Sicherheitsstrategien erfordert. Entscheidend wird sein, dass Unternehmen die notwendige Unterstützung erhalten, um nicht nur die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, sondern auch einen echten Mehrwert durch erhöhte Cybersicherheit zu generieren.

2025-02-23T10:09:35+01:0023. Februar 2025|News, Verband, Recht, Standpunkt|Kommentare deaktiviert für **Part-IS: Eine Herausforderung mit unklaren Auswirkungen**
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